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Kanada

Vom Kaffeetrinken und anderen praktischen Dingen

Es gibt Dinge, die könnte man von anderen lernen. Von anderen Ländern und Gepflogenheiten meine ich. Dabei gibt es natürlich Dinge, die an das jeweilige Land bzw. die jeweilige Region gebunden sind. Mediterrane Lebensart lässt sich nicht ohne weiteres nach Deutschland übertragen. Selbst wenn man manches während des Urlaubs in Italien oder Südfrankreich genossen hat, passt das eben doch nicht einfach in die Welt zu Hause.

Es gibt aber Dinge, die sind einfach praktisch, haben sich anderswo bewährt und könnten gut auch hier bei uns umgesetzt werden. Ich denke zum Beispiel an den Kaffee. Klar, Deutschland ist ein Land der Kaffetrinker, so jubelt der Deutsche Kaffeeverband. Aber eine richtige Kaffeekultur? Die spricht man eher den Österreichern zu und denkt vielleicht an die Wiener Kaffeehäuser. Oder bei den Holländern, kopje koffie. Aber Deutschland und Kaffeekultur? Vielleicht eine Kultur der Kaffee-Pads. Die sind hierzulande so beliebt wie sonst nirgendwo. Es ist die mit Abstand teuerste Art, Kaffee zu trinken. Ob es die beste, das heißt schmackhafteste und verbraucherfreundlichste ist, sei einmal dahingestellt. Den Kaffeemaschinen-Herstellern nützt es jedenfalls. „Normal“ ist aber bei uns im Café doch dies: Man bestellt eine Tasse / einen Becher / ein Kännchen Kaffee, Punkt (von beliebten Modevarianten wie Latte Macchiato oder Cappuccino einmal abgesehen). Keine Auswahl der Sorte. Keine Auswahl der Röstung. Keine Auswahl der Herkunft. Kaffee ist eben Kaffee. Das stimmt aber nun ganz und gar nicht, das ist eher Banausentum beim Kaffeetrinken.

Eine sehr ausdifferenzierte Kaffeekultur habe ich in Kanada angetroffen. Nicht nur bei Starbucks, sondern auch bei „einheimischen“ Ketten wie Tim Hortons oder Second Cup (wie der Name sagt, ist das erneute Auffüllen, refill, umsonst), ganz zu schweigen von Green Coffee (bio bzw. fair gehandelter Kaffee), hat man vielfältige Auswahl: welche Sorte, z. B. rein Kolumbianischer, welcher Blend, welche Röstung (schwach, mittel, stark) usw. Dann geht es an das Weißen: Da steht Vollmilch (full milk), entrahmte Milch (skimmed), Halb und Halb (half & half) und Sahne (cream) eigentlich überall zur Auswahl. Meist in Kannen, aber wer sich schnell bei 7 up einen Kaffee holt, muss sich erst durch verschieden farbige und etikettierte kleine Döschen durch arbeiten, um den richtigen Weißer zu finden. Und ebenso klar ist, dass diese Auswahl frisch gebrühten Kaffees nicht nur in den speziellen Coffee Shops üblich ist, sondern eben auch an der Fressecke im Supermarkt oder bei Tankstellen oder in Convenient Shops. Man gewöhnt sich gerne dran und fragt sich zu Hause irritiert, warum es bei uns so einfallslos beim Kaffeetrinken zu geht. Denn die „Modevarianten“ gibts natürlich dort auch.

Wir sind ein Land der Barzahler. Kartenzahlung setzt sich im Alltag doch nur sehr langsam durch. Es geht auch nicht immer schneller an der Kasse mit Karte. Eine Tüte Süßigkeiten, € 1,89. Karte raus kramen, ins Gerät einstecken, PIN eintippen, Bestätigung abwarten, das dauert. 2 € hinlegen und 11 Cent zurück bekommen geht viel schneller. Andererseits ist die Kartenzahlung sehr viel bequemer, erspart sie einem doch weitgehend den Gang zum Geldautomaten oder macht ihn seltener. Für mich ist erstaunlich, dass es bei uns an Tankstellen nur in Ausnahmefällen bzw. an besonderen Zapfsäulen möglich ist, mit Karte direkt an der Säule zu bezahlen. Finde ich eigentlich sehr praktisch, wenn man sich nicht an der Kasse im Tankstellen-Shop anstellen muss. Dort ist man als Benzinkunde sowieso nur noch einer unter vielen. Klar, dazu sind neue Zapfsäulen nötig, die das ermöglichen würden. Selbst das (von mir ungeliebte) Prepaid funktioniert mit Karte an der Zapfsäule ohne Problem (mehr Sicherheit gegen Benzinbetrug). Es wäre wünschenswert, wenn sich dies auch bei uns durch setzen würde: pay at the pump.

Ein letztes Beispiel zum selben Thema: Kartenzahlung im Restaurant. Geht mit drahtlosem Handgerät, das auch Belege ausdruckt, wunderbar. Ist in Amerika überall anzutreffen, sehr einfach, sehr bequem. Man zahlt genauso wie bei „bar“ am Tisch und kann Service und Trinkgeld (tip) gesondert angeben. – Bestellungen werden bei uns heute immer öfter von der Bedienung in ein tragbares Gerät eingegeben, aber zum Bezahlen wird der Beleg von der Kasse ausgedruckt und dort abgeholt. Wie umständlich. Direkt mit der Karte am Tisch zu bezahlen ist dann auch nicht möglich. Auch das ist für mich ein Beispiel, wie man es bei uns besser und bequemer machen könnte.

Vielleicht gleich mit der nächsten technischen Evolution, der Zahlung per Smartphone…