>Die Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern (MV) geben zu denken. Allerdings nicht so, wie die meisten Tageszeitungen heute aufmachen: SPD und CDU ein bisschen über bzw.unter den Erwartungen, Grüne drin („historisch“), FDP draußen (normal). Das eigentlich Bemerkenswerte ist das Abschneiden der NPD. Hierüber ausführlicher zu berichten, ist heute Morgen der Süddeutschen Zeitung vorbehalten, dankenswerterweise. Das ist dort im Osten keine glatt gebügelte, angepasste Rechte, sondern ein extremer und verhärteter Haufen. Udo Pastör gehört zu den rechtsextremen Scharfmachern der NPD und wird wegen seines Erfolges in ganz Deutschland von den nationalen Rechten gefeiert. Was man von ihm und seinen Kameradschaften in MV hören und lesen kann, gehört zu dem Übelsten der braunen Sauce. Noch gestern in der Runde der Parteivorsitzenden in der Tagesschau beklagte er sich laut, dass man über die „delikate“ Angelegenheit Adolf Hitler ja hierzulande leider nicht offen reden dürfe. Von den übrigen Parteien spricht er nur als von den „selbsternannten demokratischen“. Leider ist aber dieser Rechtsradikale kein Einzelfall, sondern nur das Aushängeschild.
Schaut man sich die Wahlergebnisse genauer an (siehe Webseite des Landeswahlleiters MV), dann stellt man fest, dass die NPD vor allem in Vorpommern, dort besonders im Süden, erschreckend stark ist. In den Wahlkreisen 35 und 36 (Uecker-Randow) erhält sie 12 bis 15 % der Zweitstimmen, in Ostvorpommern immerhin 10 %. In einzelnen Gemeinden liegt ihr Stimmenanteil wesentlich höher, so in Koblentz mit 33 % und in Wilhelmsburg mit 26,8 % (siehe interaktive Karte der Stimmbezirke). Das sind allerdings sehr kleine Gemeinden mit wenigen Stimmen, in Koblentz entsprechen die 33 % genau 32 Stimmen, man darf das also nicht überbewerten. Vergleicht man allerdings die Ergebnisse von 2006 mit den gestrigen, sieht man sehr schnell eine Verschiebung des rechtsextremen Potentials von West nach Ost: In Mecklenburg haben die Stimmbezirke mit hohem NPD-Anteil abgenommen, im Vorpommern dagegen zugenommen: Die Karte im östlichen MV ist sichtbar brauner geworden. Und genau dies ist das Problem. Zwar fallen diese Gebiete mit den Regionen höchster Arbeitslosigkeit in MV zusammen (siehe Arbeitsagentur), allerdings hat die Arbeitslosenrate dort in den letzten 12 Monaten doch etwas abgenommen und ist auf „nur“ 16 % gesunken – immer noch viel zu hoch. Darum sieht es einerseits so aus, als wäre das Gebiet der Uecker ein „Tal der Hoffnungslosen“, abgehängt von der Entwicklung (wirtschaftlich, gesellschaftlich, demografisch) im übrigen Deutschland, andererseits gibt es auch im Südwesten Mecklenburgs ein hohes Stimmenergebnis für die extreme Rechte: Lübtheen mit 15 % liegt in einem sehr rechtslastigen Umfeld – und dort hat die Arbeitslosigkeit auf 8 % (Ludwigslust) abgenommen. Die Lage am Arbeitsmarkt ist also alleine noch kein ausreichender Grund für den hohen Anteil rechtsextremer Stimmen in MV. Man muss also weiter nachforschen, um die Ursachen zu ergründen. Jedenfalls ist dieses das für mich eigentlich alarmierende Ergebnis der Wahlen (Landtag und Kommunen) in MV: die extreme Rechte behauptet sich und baut ihre Einflusszonen im Osten Vorpommerns noch aus. „National befreite Gebiete“? Das darf es dort nicht, niemals länger geben! Daran wird sich die neue Landesregierung wagen müssen. Es stimmt, was die SZ resummiert:
„Die Aufgabe, dieser Partei den Boden zu entziehen, ist weiterhin ungelöst. Daran ändern auch Erlasse der Landesregierung nichts, deren Ziel es etwa war, NPD-Mitgliedern Ehrenämter bei der Feuerwehr zu verweigern. Es reichen auch keine Initiativen aus der Zivilgesellschaft, die mit „Storch-Heinar“-Plakaten die Parolen der Nazis verulken; es helfen nicht einmal der Rückgang der Arbeitslosigkeit und ein Überangebot an Lehrstellen. In einer Gesellschaft, in der die NPD aussichtsreich in einen Landtagswahlkampf zieht – und dies, was wirklich traurig ist: im Unterschied zur FDP -, in einer solchen Gesellschaft stimmt grundsätzlich etwas nicht.“ (SZ)