Ich möchte heute über Wasser schreiben. Wasser ist ein lebenswichtiges Element wie kein zweites. Ohne Wasser, so glauben wir zu wissen, kann es kein Leben geben. Es gibt viele Mythen über Wasser. Es gibt auch Mythen, wie wir hierzulande ganz praktisch mit Wasser umgehen sollen. Ganz anders in Ländern, in denen meist Trockenheit herrscht, wo Wasser etwas ganz Besonderes, Kostbares ist. Dort am Rande der Wüsten ist Wasser alles. Dennoch sind die Vorkommen bedroht und gefährdet.
Wie im Nahen Osten, auf der Arabischen Halbinsel. Oder in Syrien. Bei Syrien fällt einem jetzt Wasser eher weniger ein. Obwohl es in der Region Israel – Jordanien – Libanon – Syrien durchaus rar ist. Zu Syrien fällt Krieg ein, Blut, Leiden, Sterben. Maschinengewehre und Granaten, Giftgas und Brandbomben. Das Elend der Flüchtlinge. Unklare Fronten, neben der Armee der Regierung Assads eine Vielzahl von rivalisierenden Kampfgruppen, Söldnern, Warlords, Guerillakämpfern von Al-Kaida, der Hisbollah und anderen. Waffenschieber, Mächte, die um Einfluss buhlen und den Konflikt mit weiteren Waffenlieferungen immer wieder anheizen und am Kochen halten. Da geht es um alles andere, nur nicht um lebenswichtiges Wasser.
Es geht um Leben und Tod, um Überleben oder Sterben. So einfach ist Krieg. Die Waffen, Techniken und Taktiken mögen modern und raffiniert geworden sein. Sie dienen aber nach wie vor nur einem Ziel: Töten, Zerstören, Vernichten. Da hat sich seit der Keule der Kelten, dem Pilum der Römer, den Katapulten der Kreuzfahrer, den Krummsäbeln der Osmanen oder der Reiterei der Mongolen nichts geändert. Explosivgranaten (Krimkrieg) und Giftgas (1. Weltkrieg) sind übrigens Erfindungen des zivilisierten „christlichen Abendlandes“ gewesen. Die Tötungstechniken (z.B. Napalm) wurden seit dem 2. Weltkrieg erheblich verbessert.
Apropos Wasser. Früher, schon in biblischen Zeiten, hat man Brunnen vergiftet. Durch Giftstoffe die Lebensgrundlage Wasser unbrauchbar machen. Die heutigen Aerosole, mit denen Giftgas (z.B. Senfgas) verteilt wird, benutzen die Luft als Träger. Der Atem des Lebens – vergiftet. Wie gesagt, die Absichten und Ziele sind alt, die Techniken modern.
Auch die dahinter stehende Politik ist alt, uralt. Es ist die Psychologie der Steinzeit. Es geht um Macht, Einfluss, Ansehen. Also ob man etwas gilt in der Welt. Obama geht es um seine Glaubwürdigkeit, um die internationale Reputation der USA als Weltmacht. Die kann man offenbar nur bewahren bzw. wieder herstellen, indem man Krieg führt. Indem Menschen getötet werden. Dabei werden jede Menge beschönigender Worte benutzt: „Militärschlag“, das klingt nach einer harmlosen Ohrfeige. „Präzisionsangriff“, das klingt wie eine medizinische Operation. Die dient ja der Heilung. Also wird suggeriert, auch eine „chirurgische“ Militäroperation (welch Wortgleichheit) sei letztlich heilsam. Unsinn. Menschen werden sterben. Eine weitere Front wird eröffnet. Eine Großmacht greift ein. Ob sich das begrenzen, kalkulieren lässt, ist pure Hoffnung.
Schimpansen, so wissen wir seit einiger Zeit, sind nicht so friedlich, wie man früher dachte. Die in Gruppen sehr sozial lebenden Primaten achten sehr auf Rangordnung (Alpha-Männchen) und Territorialkontrolle. Sie ernähren sich zwar weitgehend von Früchten, jagen aber auch kleinere Säugetiere. Sie können sogar eine rivalisierende Gruppe anderer Schimpansen überfallen, einzelne Artgenossen töten und aufessen. Dieses letzte Verhalten ist sehr selten, eine Ausnahme, konnte aber beobachtet und dokumentiert werden. Obwohl Schimpansen zu 98 % dieselbe DNA besitzen wie wir Menschen, scheinen sie uns in dieser Hinsicht im Sozialverhalten einiges voraus zu haben. Denn Menschen schlachten sich seit Menschengedenken genüsslich gegenseitig ab.
Zurück zu Obama. Er tut sich noch schwer mit dem Angriffsbefehl, so scheint es, ist aber offenbar letztlich ohne Ausweg. Er muss jetzt angreifen. Warum eigentlich? Klar, um das Gesicht zu wahren, um Entschlossenheit zu zeigen, um ein Exempel zu statuieren. Die Menschheit, gemeint sind die USA, nimmt einen „Tabubruch“ (Giftgas) nicht straflos hin. Man liest heute, dass auch in US-Medien und politischen Kreisen der militärische Nutzen eines begrenzten „Schlages“ mit Raketen und Bomben gleich Null eingeschätzt wird. Auch der politische Nutzen ist schwer zu kalkulieren. Es geht um einen „symbolischen Akt“. Wegen dieses symbolischen Aktes der US-Regierung und seines Präsidenten müssen weitere Menschen sterben. Hollande als Claqeur. So funktioniert Krieg. So ist die Psychologie. Steinzeit.
Es ging mir um Wasser. Ich komme nicht recht dazu, das Thema zu vertiefen. Um Wasser wird beispielsweise im Jordantal heftig gestritten. Das könnte sehr wohl Anlass einer weiteren kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Israel und den Nachbarn liefern. Aber das erscheint heute als nebensächlich angesichts des Schlachtens in Syrien. Ohne klare Front. Kein Pardon. Keine Humanität. Denn natürlich ist Obama, sind die USA erst sekundär im Spiel.
Zuerst und wesentlich ist es ein mörderischer Kampf Assads nahezu ohne Hemmungen und ethische Grenzen um Macht und Einfluss in dieser strategisch wichtigen Region, die der Staat Syrien umschließt. Ich muss hier nicht aufzählen, wer dort alles verwickelt ist, mit welchen Absichten, Interessen Zielen. Stellvertreterkrieg. Ende vom Lied wie immer im Krieg: Töten. Zerstören. Vernichten. Nur der Letzte, der die ganze Zeit außen vor bleibt, kann am Ende als Sieger auftreten. Triumphierend über Leichenbergen, jenseits der Verantwortung für Millionen Menschen, die heimatlos in Flüchtlingslagern sind. Mittellos. Ohne Perspektive auf Rückkehr. Die UNO kann wieder Zelte liefern. Und Trinkwasser.
Womit ich doch wieder beim Thema wäre: Wasser. Leben.