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Kirchen Kritik Ostern

>Die Sache Jesu

>Ich muss dieser Tage öfter an Willi Marxsen denken. Aus Anlass eines Kurses über die Entstehung des Christentums stieß ich in einer neueren Veröffentlichung auf Zitate seiner Thesen – ganz verkürzt: „Ostern, das bedeutet: Die Sache Jesu geht weiter.“ Wie wurde damals in den siebziger Jahren um seine Thesen gestritten, sogar in der Gemeindeöffentlichkeit waren solche „gewagten Thesen“ durchaus ein Gesprächsthema. Es überwog natürlich die Ablehnung bei weitem. Man konnte doch nicht einfach all die schönen und großartigen Ostergeschichten mit solch einem nüchternen Federstrich beiseite fegen! Ostern sei doch viel mehr als nur die „Sache Jesu“: Mirakel, Wunder, eben leibhaftige Auferstehung von den Toten! – Wirklich?

Wir leben nun seit zweitausend Jahren mit dieser christlichen Mainstream – Interpretation, machtvoll von den Kirchen und ihren Dogmatiken zementiert und durch Hierarchien und Synoden abgesegnet und durchgesetzt. Wenn man sich so umschaut, sieht die christliche Welt nur für den verblendetsten Idealisten immer noch gut und schön und in Ordnung aus. Das römische Papsttum ist, das wird dieser Tage wieder schlagartig offenkundig, keinen Pfifferling mehr wert, weder dogmatisch noch moralisch, nur noch morsch und verkommen, und auch auf einer Reformation, die 500 Jahre zurück liegt, kann man längst keinen Lorbeerkranz mehr flechten bei all der Selbstgerechtigkeit, Heuchelei und Denkfaulheit (+ bürokratischen Glasperlenspielen einer Organisation im „freien Fall“) in den evangelischen Landeskirchen. Und das alles mit der alljährlich zelebrierten und als unumstößlich geltenden Form der dogmatisierten „Osterbotschaft“. Wenns doch einfach als schöne Geschichte, als großartiger Mythos, als Dichtung genommen würde, dann wäre vielleicht in den Ostergeschichten noch etwas Schönes und Aufbauendes wieder zu finden. Und wenn doch im praktischen Leben und Wirken der Christen wenigstens und „nur“ die „Sache Jesu“ weiter ginge, mein Gott, was könnte daraus werden! Wenn es auch selbst mit dem, was Marxsen die „Sache Jesu“ nannte, eine historisch durchaus schwierige Angelegenheit ist, so kann man doch mit sehr viel mehr Recht und Klarheit den von den Evangelien gezeichneten Jesus, seine radikale Menschlichkeit und gewisse Gottesnähe als Richtschnur nehmen und eben seine „Sache“ weiter gehen lassen – was wäre damit alles gewonnen! Nur eines wäre damit ganz gewiss verloren: die hohlen und noch immer wirksamen Machtstrukturen der Kirchen. Auf die aber können wir heute und in Zukunft wirklich gut und gerne verzichten. Mensch, was könnte das für ein Ostern sein, ohne Popen, Weihrauch und flatternde Bäffchen! Ach was schreibe ich: Die meisten von uns halten es doch längst schon so…