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>Das Hemd ist näher als die Jacke

>Das Sprichwort, wonach das Hemd einem näher ist als die Jacke, beweist auch in der derzeitigen finanzpolitischen Lage seine Richtigkeit. Dabei ist die Situation der internationalen Finanzen von einigen Verrücktheiten (wörtlich!) gekennzeichnet. So wurden katastrophale Auswirkungen – wir erinnern uns: Finanzkrise, vor einem Jahr, Abgrund – mit eben den Ursachen derselben bekämpft: mit weiteren Schulden. Nur dass es diesmal nicht die „privaten“ Schulden der Banken und ihrer Profiteure waren, sondern die Schulden der Volkswirtschaften, sprich: der Steuerzahler. Denn so war es doch: Die immensen Ausfallrisiken und Bankrotte der großen Finanzinstitute wurden vom Steuerzahler übernommen. Denn wo kamen die hunderte Milliarden Finanzhilfen und Bürgschaften her? Vom Staat. Wo hat der sie her? Von den Banken. Wer soll sie denen zurück zahlen? Der Steuerzahler. Ein ganz einfacher Kreislauf.

Dumm nur – und natürlich überhaupt nicht vorauszusehen, dass nun die Einzelstaaten den schwarzen Peter haben.  Überbordende Staatsschulden, nicht zuletzt durch bzw. infolge der Finanzkrise, haben einzelne Staaten an den Rand des Ruins gebracht. Fehler in der Politik und in der jeweiligen nationalen Wirtschaft kamen hinzu, siehe Griechenland oder Spanien oder Großbritannien. Und was wird dagegen nun als Patentrezept verkauft? Na klar: neue Schulden, billiges Geld, weitere Ausgabensteigerungen, um das zarte Pflänzchen Konjunkturbelebung nicht zu gefährden. So jedenfalls hat es letztens der US-Finanzminister Geithner vertreten bzw. von der Bundesregierung und den anderen europäischen Ländern gefordert. Zur großen Freude all derer, die ohnehin mit Sparen wenig am Hute haben. Zum Beispiel Frankreich. Dessen Staatsverschuldung ist um einiges höher als die deutsche. Bisher hat aber Sarkozy alles vermieden, um seinem Land wirklich schmerzhafte und nachhaltige Einschnitte zuzumuten. Dabei hat er die Europäische Zentralbank (EZB) auf seiner Seite. Ihr Präsident Trichet ist Franzose – ein Schalk, wer Arges dabei denkt. Jedenfalls vertritt die EZB für viele ja sehr überraschend eine Politik des „billigen Geldes“: Zinsen runter, junk bonds her gegen Bares: So ist doch wohl der unbegrenzte Aufkauf „notleidender“ (welch schönes Wort aus der Finanzwelt!) Staatsanleihen durch die EZB zu verstehen. Sie schöpfe doch die Liquidität auf anderem Wege gleich wieder ab, verteidigt sie sich. Das mag auf den ersten Blick richtig sein, jedoch bleiben die maroden Anleihen bei ihr dauerhaft im Tresor. Wer hält als Gegengewicht gegen dieses Risiko zusätzliches Kapital vor? Niemand. Wer muss im Zweifelsfalle zahlen? Die nationalen Notenbanken. Wo kriegen die dann das Geld her? Na – Sie wissen schon.

FAZ.NET weist auf einer Spezial-Seite zur Finanzkrise zu Recht und mit Besorgnis darauf hin, dass bisher noch nirgendwo Strukturfehler beseitigt wurden, die mit zu der Finanzkrise geführt haben, die ja eine Krise wegen übermäßiger, zum Teil völlig ungedeckter Schulden ist. So können die nationalen Notenbanken Staatsanleihen eigener und fremder Länder, wenn sie nur mindestens das Rating AA- haben (was für die internationalen Finanzmärkte schon ziemlich übel ist), ohne weitere Hinterlegung eigenen Kapitals in beliebiger Menge halten, wie Bargeld also. Das ist doch die wahre Kunst: Schulden in echtes gutes Geld zu verwandeln! Hier gelingt das auf wunderbare Weise – solange niemand auf den Kaiser zeigt und sagt: „Der hat ja gar nichts an!“

Klar, Geithner denkt zuerst an seine Situation in den USA, die bisher nach der Kölschen Devise verfahren sind: „Et is noch immer jot jejange.“, nämlich volkswirtschaftlich auf Dauer-Pump zu leben und die Privatwirtschaft massiv zu päppeln – solange die Deppen (China, Japan…) eben zahlen. Klar, auch Sarkozy (Trichet, EZB) denkt zuerst an sich, möchte also nicht als der Präsident in die Geschichte eingehen, der Frankreichs „gloire“ sprich: seine sanfte Sozialpolitik und protektionistische Wirtschaftspolitik zerstört hat. Ist nur zu hoffen, dass auch die deutsche Kanzlerin zuerst an Deutschland denkt und dem guten Rat von Bundesbankpräsident Weber und seinem Chefökonomen Stark folgt und auf einer strikten Ausgabenkontrolle und einer wirklichen Reform und wirksamen Kontrolle der Finanzwelt drängt. Im Übrigen geht es wie im Kapitalismus üblich vor allem um den Zins, positiv wie negativ, siehe den guten Leitartikel von Holger Stelzner in der heutigen Ausgabe der FAZ.

Aber gerade daran hat offenbar international niemand mehr Interesse. Es läuft doch schon wieder alles so rund. Wenn jeder an sich selber denkt, ist doch zuletzt an alle gedacht! Gelacht, gelacht…