>Bei seinem England-Besuch hat der Papst seine Auffassung vom Verhältnis der kath. Kirche zur neuzeitlichen Vernunft und Säkularisierung präzisiert. Das klingt dann gar nicht mehr so neu, sondern es sind die alt bekannten Töne des römischen Katholizismus: Die Vernunft ist nur gut unter dem Dach des Glaubens bzw. der Kirche. Es heißt: „Benedikt XVI. hat am Freitag in London abermals dazu aufgerufen, moralischem Relativismus und Säkularismus entgegenzutreten.“ (FAZ vom 18.09.2010 S. 4) Angesichts der Mängel bei den moralischen Maßstäben während der jüngsten Weltwirtschaftskrise habe das Korrektiv der Kirche gefehlt: „Ohne das Korrektiv der Religion könne die Vernunft entarten, zur menschenverachtenden Ideologie werden, wie bei den totalitären Regimen des 20. Jahrhunderts. Christen sollten in öffentlichen Ämtern stets nach ihrem Gewissen handeln. „Das ist die Rolle der Religion in der Politik , sagte der Papst.“ Starker Tobak. Da werden flugs alle Fehlentwicklungen des 20. Jahrhunderts dem „Säkularismus“ zugeschrieben, d.h. der autonomen kritischen Vernunft der Aufklärung. Horkheimer lässt grüßen. Les extrèmes se touchent. Dass Rom an der Stabilisierung dieser „Totalitarismen“ durch Konkordate maßgeblich beteiligt war, wird ausgeblendet. Die Geständnisse des Vaticanum II waren wohl auch hier eher Zugeständnisse, die gerne zurück genommen werden.
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